Kuriosa

Nicht weniger aufschlussreich als das, was ich bei meinem Besuch in Bath über William George Horner erfuhr, war meine anschließende Recherche im Internet zur Vorbereitung dieses Artikels. Aufschlussreich zwar nicht im Hinblick auf Informationen über William George Horner, denn ich habe kaum etwas finden können, was mir noch nicht bekannt war - eine Ausnahme bildet hier die Biographie Horners in der gut gepflegten Mathematiker-Datenbank der "School of Mathematics and Statistics" der Universität von St Andrews (Schottland) - , sondern aufschlussreich im Hinblick auf die Mechanismen des World Wide Web.

Je gründlicher man nach bestimmten Informationen sucht, desto häufiger findet man Falschinformationen (einige Beispiele habe ich im jeweiligen Zusammenhang genannt) und kann in einigen Fällen sogar eine begründete Vermutung darüber anstellen, wie diese zustande gekommen sein könnten. Exemplarisch nenne ich hier den Eintrag zu William George Horner in der deutschen Ausgabe der Wikipedia (Stand: 13.09.2014). Die dortigen Informationen wurden offenbar ohne ernsthafte Prüfung aus der Facharbeit eines Schülers zum Hornerschema übernommen (das geht aus der "Diskussion" zum Beitrag hervor), die zumindest einen gravierenden Übersetzungsfehler und eine grobe Fehleinschätzung der mathematischen Leistung Horners enthält.

Horner Google-SucheRichtig kurios wird es allerdings, wenn man in das google-Suchfeld "William George Horner" eingibt. Außer den üblichen Treffern wird als besonderer Service von google die abgebildete Information gezeigt (Stand: 13.09.2014): Ein Textauszug der deutschen Wikipedia (mit der falschen Informationen über Horner als "stellvertretenden Direktor") zusammen mit einem Foto.

Ein Foto eines Mannes, der bereits 1837 verstorben ist! Das ist offensichtlich falsch, doch wie kann das sein? Vielleicht gibt es ja einen weiteren prominenten William George Horner, denn auch die Bildersuche nach einem Mann dieses Namens liefert zahlreiche Treffer mit dem gezeigten Herrn, allerdings auch einige mit unserem William George Horner. Hat da etwa die google-Software ohne menschliches Zutun Text und Bild fehlerhaft zugeordnet? - Nein, schlimmer als das! Klickt man nämlich die Einträge der Bildersuche an, dann gelangt man zu den Websites, die dieses Bild verwenden und stellt mit Verwunderung fest, dass es sich dabei um Beiträge über unseren William George Horner handelt, in denen der gezeigte Herr im Anzug als Erfinder des Zoetrops oder Beweisführender des Schmetterlingsproblems präsentiert wird. Peinlich! Doch wenn es nicht unser William George Horner ist, wer ist es dann? Dies herauszufinden gestaltete sich deutlich schwieriger als die Erkenntnis, wer es nicht ist. Meine erste Vermutung war, dass es sich hier um George William Horner handelt, einen Bibelwissenschaftler, der das Neue Testament Anfang des 20. Jahrhunderts in die koptische Sprache übersetzte - zeitlich passt das zumindest zum Foto.

G.W. Horner Keksdose Der Herr auf dem Foto ist das allerdings nicht, jedoch heißt auch dieser George William Horner und lebte ebenfalls Anfang des 20. Jahrhunderts, und zwar in Chester-le-Street, einer Kleinstadt im Nordosten Englands. Dieser George W. Horner war Fabrikant und produzierte mit seiner "George W. Horner Co. Ltd." Süßigkeiten. Ein Unternehmen dieses Namens gibt es zwar längst nicht mehr, allerdings sind die Metalldosen, die seinerzeit mit Pralinen und Keksen gefüllt waren, bis heute begehrte Sammlerobjekte.